Patienten mit multiresistenten Erregern (MRE) gehören zunehmend zu unserem Alltag. Anbei einige praktische Hinweise zu Risikopatienten und Screening.
Welche Erreger gehören zu den MRE?
Zu den häufigsten multiresistenten Erregern gehören Methicillin-resistente Staphylococcus aureus (MRSA), multiresistente gram-negative Erreger, wie z.B. E. coli, Klebsiella spp., Acinetobacter spp. und Pseudomonas spp. (3MRGN oder 4MRGN) und Vancomycin-resistente Enterokokken (VRE).
Wie wird Multiresistenz definiert?
Zur Beschreibung der Epidemiologie von Antibiotika-resistenten Mikroorganismen wurden traditionell bestimmte Leitantibiotika verwendet, gegen die die Erreger phänotypisch (d.h. in der Resistenztestung) resistent waren, z. B. Methicillin-resistenter Staphylococcus aureus (MRSA) oder Vancomycin-resistente Enterokokken (VRE). Hierbei war die Resistenz gegenüber dem Leitantibiotikum oft mit der Resistenz gegenüber weiteren Antibiotika vergesellschaftet, so dass die Akronyme zum Synonym für multiresistente Isolate der Spezies wurden.
Für die beispielhaft erwähnten Spezies gilt zudem, dass die Leitresistenz nur durch einen oder zwei Resistenzmechanismen ausgelöst wird, so dass die Bezeichnung auf phänotypischem wie auf genotypischem Niveau einheitlich ist.
Bei den gram-negativen Enterobakterien gibt es hunderte Resistenzmechanismen, die z.B. zu einer Resistenz gegenüber Cephalosporinen oder auch allen anderen ß-Lactam Antibiotika führen.
International gibt es bis zum jetzigen Zeitpunkt keine einheitliche Definition der Multiresistenz.
Das Robert-Koch Institut hat für die gram-negativen Erreger 2011 eine Definition der Multiresistenz eingeführt, um die Erfassung der Multiresistenz zu ermöglichen sowie die daraus abzuleitenden Maßnahmen zu definieren (1). Dabei wurde vor allem der Gesichtspunkt der klinischen Relevanz der Resistenz zu Grunde gelegt, d. h. es wurde die Resistenz gegenüber den Antibiotika betrachtet, welche als primäre bakterizide Therapeutika bei schweren Infektionen eingesetzt werden (Acylureidopenicilline, Cephalosporine der 3. und 4. Generation, Carbapeneme und Fluorchinolone).
Andere Antibiotika wurden nicht berücksichtigt, da sie in der Regel nicht als Monotherapeutika eingesetzt werden (z. B. Aminoglycoside) oder als Reserveantibiotika (z. B. Tigecyclin) gelten.
Einteilung der gram-negativen Erreger (Enterobakterien, Pseudomonas aeruginosa, Acinetobacter spp.) nach RKI 2012
Bundesgesundheitsblatt 2012, 55:1311-1354: "Hygienemaßnahmen bei Infektionen oder Besiedlung mit multiresistenten gramnegativen Stäbchen"
Tab. 1: Klassifizierung multiresistenter gram-negativer Stäbchen auf Basis ihrer phäno-typischen Resistenzeigenschaften (R = resistent oder intermediär sensibel, S = sensibel)
Antibiotika | Leit-substanz | Enterobakterien | Pseudomonas aeruginosa | Acinetobacter spp. | |||
3MRGN | 4MRGN | 3MRGN | 4MRGN | 3MRGN | 4MRGN | ||
Acylureidopenicilline | Piperacillin | R | R | Nur eine der vier Antibiotika-gruppen wirksam (sensibel) | R | R | R |
Cephalosporine der 3./4.Generation | Cefotaxim und/oder Ceftazidim | R | R | R | R | R | |
Carbapeneme | Imipenem und/oder Meropenem | S | R | R | S | R | |
Fluorchinolone | Ciprofloxacin | R | R | R | R | R |
3MRGN (Multiresistente gram-negative Stäbchen mit Resistenz gegen 3 der 4 Antibiotikagruppen)
4MRGN (Multiresistente gram-negative Stäbchen mit Resistenz gegen 4 der 4 Antibiotikagruppen)
Welche Patienten sind Risikopatienten?
Risikofaktor | MRSA | MRGN | VRE |
Patienten mit MRE Anamnese | X | X | X |
Patienten mit regelmäßigem Kontakt zu MRE (Pflegepersonal, Tierproduktion) | X | X | |
Krankenhausaufenthalt > 3 d in den letzten 12 Monaten | X | X | X |
Antibiotikatherapie in den letzten 6 Monaten | X | X | X |
Dialysepatient | X | X | X |
Patient mit chronischer Pflegebedürftigkeit | X | X | |
Patienten mit chronische Wunden/Hautläsionen | X | X | |
Patienten mit liegenden Kathetern oder anderen Devices (z. B. Tracheostoma) | X | X | |
Junge gesunde Patienten mit Auslandsaufenthalt in Risikoländern* mit/ohne Krankenhausaufenthalt | (X) | X |
*z.B. Indien, Naher und Mittlerer Osten, Griechenland
Wann ist ein Screening auf MRE sinnvoll?
Jede stationäre Einrichtung muss die Screening - Kriterien individuell festlegen. Dabei gelten folgende Rahmenbedingungen:
Krankenhaus: In Krankenhäusern sollen oben genannte Risikopatienten bei Aufnahme in die Einrichtung bzw. in Risikobereichen gescreent werden.
Pflegeeinrichtung: Alle genannten Bewohner mit Risikofaktoren bei Aufnahme bzw. Wiederaufnahme in die Einrichtung. Weitere Screenings sind nur nach erfolgter Sanierung (nur MRSA!) erforderlich.
Niedergelassene Praxis: Screening bei Patienten mit MRE - Nachweis in Wunden bzw. bei MRSA nach erfolgter Sanierung.
Erfolgen bei MRSA keine Sanierungsmaßnahmen, ist ein weiteres Screening in kurzen Abständen nicht erforderlich. Evtl. ist ein erneutes Screening (wenn keine neuen Krankenhausaufenthalte oder Antibiotikatherapien erfolgt sind) nach 6-12 Monaten zu erwägen. Es ist davon auszugehen, dass Patienten mit chronischen Wunden oder Hautläsionen nicht zu sanieren sind, ebenso nicht Patienten mit Kathetern oder anderen Devices (z.B. Tracheostoma).
Patienten mit einem positiven MRGN-Nachweis im Rektalabstrich werden nach heutigem Kenntnisstand bzw. Expertenmeinung mit hoher Wahrscheinlichkeit Träger bleiben. Man kann davon ausgehen, dass nach Erholung der Darmflora der Nachweis der resistenten Erreger nicht immer gelingt, da die Keimzahlen zu gering sind. Vor allem nach erfolgter Antibiotikatherapie können dann die Keimzahlen an MRGN aber wieder ansteigen. Auch hier ist evtl. ein Screening nach 6-12 Monaten bzw. nach erfolgter Antibiotikatherapie zu erwägen.
VRE spielen vor allem bei stationären hämatologisch/onkologischen Patienten eine Rolle.
Wo sollen Abstriche genommen werden?
Abstrichort | MRSA | MRGN | VRE |
Nase/Rachen | X | ||
Wunden | X | X | X |
Kathetereintrittsstellen | X | X | |
Rektal | (X) | X | X |
Hinweise zu Screening-Einsendungen
Bei Einsendungen definieren Sie den Untersuchungsauftrag bitte wie folgt:
- „Screening MRE“ Es erfolgt ein Ansatz auf MRSA, MRGN und VRE.
- „Screening MRGN“ Es erfolgt ausschließlich der Ansatz auf multiresistente gram-negative Erreger.
- „Screening MRSA“ Es erfolgt ausschließlich der Ansatz auf MRSA.
- „Screening VRE“ dann erfolgt ausschließlich der Ansatz auf VRE.
Diese Angaben sind notwendig und bindend, da für die einzelnen Erreger unterschiedliche Bearbeitungen der Proben erfolgen.
Bitte beachten Sie, dass es kein vorgeschriebenes Screening auf ESBL mehr gibt. Alle Patienten mit einem ESBL werden automatisch auf weitere Resistenzen (Fluorchinolone und Carbapeneme) getestet.
Für Rückfragen erreichen stehen wir Ihnen zur Verfügung unter:
Mikrobiologisches Labor Görlitz: 03581 762 66 22
Mikrobiologie Dresden: 0351 3140 610 310